Der Einfluss der Bioverfügbarkeit auf die Nährstoffversorgung

Egal, ob man sich nach den klassischen drei Mahlzeiten am Tag richtet oder diese auf weniger oder mehrere Mahlzeiten verteilt – jeder Mensch konsumiert über den Tag hinweg die unterschiedlichsten Lebensmittel in den verschiedensten Kombinationen. Die persönliche Auswahl wird hierbei durch mehrere Faktoren beeinflusst: Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten, aber auch die gewählte Ernährungsform (Vegetarismus, Veganismus etc.) und der persönliche Geschmack schränken die Auswahl an Lebensmitteln teilweise stark ein. Grundsätzlich ist mit der täglichen Aufnahme von Lebensmitteln jedoch immer das gleiche Ziel verbunden: Den Körper mit ausreichend Makro- und Mikronährstoffen zu versorgen, sodass eine normale physiologische Funktion sichergestellt werden kann.

Wenn es darum geht, den Körper mit bestimmten Nährstoffen zu versorgen, orientiert man sich meist an der enthaltenen Menge im Lebensmittel. Hierbei wird oftmals angenommen, dass ein höherer Gehalt auch mit einer höheren Aufnahme des Nährstoffes im Körper (Absorption) einhergeht. Die Absorption ist jedoch nicht nur von der enthaltenen Menge abhängig, sondern auch von der Bioverfügbarkeit. Unter dem Begriff „Bioverfügbarkeit“ versteht man den Anteil des im Lebensmittel enthaltenen Nährstoffes, der im Darm aufgenommen und bis zum Wirkort im Körper transportiert wird2. Die Bioverfügbarkeit ist hierbei von zwei Prozessen abhängig, der Freisetzung der Mikronährstoffe aus dem Lebensmittel und der anschließenden Absorption im Darm2,3. Zudem spielen weitere endogene (innere) und exogene (äußere) Einflussfaktoren bei der Nährstoffabsorption eine wesentliche Rolle1.

Zu den endogenen Faktoren zählen neben dem Alter auch der aktuelle Status der Nährstoffversorgung und die Mechanismen der körpereigenen Homöostase (Ausgleich von kurzzeitigen Versorgungsschwankungen) 1. Die Absorptionsrate von Magnesium liegt beispielsweise bei ca. 30-50 % der zugeführten Menge und sinkt mit steigendem Alter. Ist der Körper unterversorgt, erhöht sich die Absorptionsrate, während bei einer Überversorgung die überschüssige Menge an Magnesium über den Urin ausgeschieden wird1,2. Weiterhin kann die Absorptionsrate auch über die Art und Weise der Magnesiumaufnahme erhöht oder vermindert werden. Wird die Menge an Magnesium auf viele kleine Portionen über den Tag hinweg verteilt, steigt die Absorptionsrate auf bis zu 80 %, während diese bei einer Einzeldosis auf bis zu 11 % absinken kann1,2. Zu den exogenen Einflussfaktoren der Bioverfügbarkeit zählen eine Vielzahl an Lebensmittelinhaltsstoffen, die miteinander interagieren und dadurch die Absorption im Körper fördern oder hemmen. Dabei interagieren nicht nur die Inhaltsstoffe innerhalb eines Lebensmittels, sondern auch innerhalb einer ganzen Mahlzeit miteinander2.

Wie bereits erwähnt, spielt die Freisetzung der Mikronährstoffe aus dem Lebensmittel eine wesentliche Rolle für die anschließende Absorption. Bei einigen Gemüsesorten (z. B. bei Hülsenfrüchten und Spinat), Obst und Getreideprodukten wird die Absorption durch die schwer verdaulichen pflanzlichen Zellwände (Ballaststoffe), aber auch durch bestimmte Inhaltsstoffe gehemmt2. Hierbei handelt es sich um Phytate, Oxalate, Tannine und Chlorogensäure1,2,5. Diese Inhaltsstoffe binden Mineralstoffe (z. B. Kalzium, Eisen, Zink oder Magnesium) und bilden einen gemeinsamen Komplex1. Dadurch ist der Mineralstoff nicht mehr frei verfügbar, wird im Darm nicht absorbiert und schlussendlich wieder ausgeschieden2.

Verschiedene Zubereitungsprozesse wie Mahlen, Einweichen, Kochen, Garen oder bakterielle Fermentation können die Lebensmittelstruktur auflockern und die hemmenden Inhaltsstoffe zum Teil zerstören. Dies führt zur Freisetzung der Mineralstoffe, wodurch die Bioverfügbarkeit und somit auch die Absorption verbessert wird2,4. Zu beachten ist allerdings, dass ein zu starkes oder langes Erhitzen andere wichtige Inhaltsstoffe wie bspw. hitzelabile Vitamine zerstört2.

Neben den verschiedenen Zubereitungsprozessen kann aber auch die Kombination verschiedener Lebensmittel zu einer verbesserten oder verschlechterten Bioverfügbarkeit führen. Während Vitamin C und Inhaltsstoffe aus Zwiebeln und Knoblauch die Bioverfügbarkeit von Eisen fördern, wird diese durch die gleichzeitige Aufnahme von Kaffee, Grün- oder Schwarztee reduziert2,3,5. Die darin enthaltenen Hemmstoffe (Tannine und Chlorogensäure) binden auch hier das Eisen und vermindern somit die Absorption im Darm2,5.

Die Aufnahme von Vitamin D hingegen fördert die Absorption von Kalzium2. Grundsätzlich wird hier die Kalziumaufnahme über Milch und Milchprodukte empfohlen, da es sich hierbei um effiziente Kalziumquellen handelt, deren Inhaltsstoffe die Kalziumaufnahme zusätzlich fördern2. Die Kalziumaufnahme kann natürlich auch über pflanzliche Lebensmittel erfolgen, allerdings spielen auch hier wieder die enthaltenen Phytate und Oxalate eine hemmende Rolle2. Eine gezielte Auswahl an Gemüsesorten, die weniger Hemmstoffe enthalten (z. B. Kohl, Paprika oder Brokkoli), in Kombination mit einer gleichzeitigen Aufnahme von Vitamin C fördert wiederum die Kalziumaufnahme2.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Bioverfügbarkeit einen wesentlichen Einfluss auf die Menge an Mineralstoffen hat, die schlussendlich im Darm absorbiert wird. Obwohl pflanzliche Lebensmittel mengenmäßig gute Quellen für Mineralstoffe sein können, sorgen die darin enthaltenen Ballaststoffe und Hemmstoffe für eine verschlechterte Absorption2. Daher werden häufig tierische Lebensmittel als die effizientere Quelle für Mineralstoffe angesehen2,5. Das beste Mittel für eine gesicherte Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen ist daher eine ausgewogene Mischkost, bei der sowohl gekochte als auch rohe Zutaten kombiniert werden2.

Quellen:

  1. Andreas Hahn und Jan Philipp Schuchardt: «Auf das Salz kommt es an» – zur Bedeutung der Mineralstoffverbindung für die Bioverfügbarkeit (Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 3; 2017)
  2. Sandra Flory: Verborgener Hunger: Bioverfügbarkeit – Wie kann die Aufnahme von Mikronährstoffen optimiert werden? (DHZ – Deutsche Heilpraktiker Zeitschrift; 2019)
  3. Biesalski et al.: Ernährungsmedizin 4. Auflage (Georg Thieme Verlag; 2010)
  4. Müge Hendek Ertop und Müberra Bektaş: Enhancement of Bio-available Micronutrients and Reduction of Antinutrients in Foods with Some Processes. (Food and Health, 4(3),159-165; 2018)
  5. Kurt Widhalm: Ernährungsmedizin (Verlagshaus der Ärzte 2. Auflage; 2005)