„Gut gebrüllt, Löwe!“
Wie kam es zu dem Gütesiegel „Schmeck den Süden“ in der Gastronomie? Und wie lief dann der nächste Schritt zur Betriebsgastronomie mit Stollsteimer als Pilotpartner ab? Dr. Alexander Wirsig gibt im nachfolgenden Interview interessante Einblicke. Seit über einem Jahrzehnt gestaltet er als Geschäftsführer der landeseigenen MBW Marketinggesellschaft das Gemeinschaftsmarketing für Lebensmittel aus Baden-Württemberg und setzt sich für den Erhalt und die Weiterentwicklung der bäuerlichen Landwirtschaft und der mittelständischen Agrar- und Ernährungswirtschaft in Baden-Württemberg ein. Dr. Alexander Wirsig gilt als renommierter Experte im Regional-Marketing von Lebensmitteln. Der 51-jährige Agrarökonom mit zusätzlicher Management-Ausbildung (MBA) in internationalem Marketing hält regelmäßig Vorträge und veröffentlicht Fachbeiträge in Zeitschriften und Fachbüchern.
Seit 1996 gibt es das Gütesiegel „Schmeck den Süden“ für Restaurants. Wer sind die Initiatoren von dieser Erfolgsgeschichte?
Dr. Alexander Wirsig: Unter dem Motto „Schmeck den Süden Baden-Württemberg“ macht die landeseigene MBW Marketinggesellschaft regionalen Genuss seit 1994 erlebbar: Ob beim Einkauf von regionalen Lebensmitteln, insbesondere im selbständigen Einzelhandel, sowie auf zahlreichen Veranstaltungen oder seit 1996 bei den gleichnamigen Gastronomen. Die Kooperation der „Schmeck den Süden“-Gastronomen wurde von der MBW Marketinggesellschaft mbH gemeinsam mit dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und dem Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Die heute ca. 320 „Schmeck den Süden“-Gastronomen stellen eine landesweite Vereinigung regional arbeitender Restaurants dar und setzen den Standard für vertrauensvollen regionalen Genuss. Die Gemeinschaft wurde durch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz dafür 2021 als Genussbotschafter Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Gemeinsam mit der Firma Stollsteimer und der DEHOGA Baden-Württemberg führten Sie dann 2017 als Pilotprojekt die „Regionale Speisekarte“ in der Betriebsgastronomie ein. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?
Dr. Alexander Wirsig: Im Jahr 2018 ist es gelungen, das seit ca. 20 Jahren erfolgreiche Projekt aus der Gastronomie unter dem Namen „Schmeck den Süden“ – Genuss außer Haus in die stetig wachsende Gemeinschaftsverpflegung zu übertragen. Voraus ging ein einjähriges Pilotprojekt, anlässlich dessen die Firma Stollsteimer als erster von fünf Pilotbetrieben für das von Stollsteimer geführte Betriebsrestaurant der Firma ZÜBLIN ausgezeichnet wurde. Ziel des Projekts ist es insbesondere, die Produkte, die gemäß den Bestimmungen der Qualitätsprogramme des Landes erzeugt wurden, in der weiter an Bedeutung gewinnenden Betriebsgastronomie nachvollziehbar zu vermarkten. Das Projekt kann damit der steigenden Nachfrage der Gäste nach regionalen Lebensmitteln Rechnung tragen. Darüber hinaus bildet es ein Netzwerk, welches auch die Anbieter von regionalen Produkten dabei unterstützt, ihre Produkte in der Betriebsgastronomie besser zu vermarkten. Die entsprechenden Anforderungskriterien wurden von der DEHOGA BW und der MBW Marketinggesellschaft mbH gemeinsam mit interessierten Betrieben aus der Gemeinschaftsverpflegung entwickelt.
Die Wichtigkeit von Regionalität und regionalem (Koch-)Handwerk findet immer mehr Anklang. Für welche Aspekte würden Sie hierbei gerne sensibilisieren, da sie vielleicht in der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig Beachtung finden?
Dr. Alexander Wirsig: Ein Hähnchen besteht nicht nur aus Brust und Keule und ein Schwein nicht nur aus Kotelett und Schnitzel. Wertschätzung für regionale Lebensmittel bedeutet auch, dass von einem geschlachteten Tier nicht nur die Edelteile, sondern alle anderen Teile einschließlich der Innereien genutzt werden. Diese traditionelle Fertigkeit zur Verarbeitung „From Nose to Tail“ zu Fleischgerichten und hausgemachten Wurstwaren ist in den letzten Jahrzehnten schrittweise verloren gegangen. Insofern freue ich mich, dass sich einige „Schmeck den Süden“ – Genuss außer Haus-Betriebe und „Schmeck den Süden“-Gastronomen dieses wichtigen Themas wieder angenommen haben.
Welche Projekte und Ziele für die Betriebsgastronomie stehen bei Ihnen als nächstes an?
Dr. Alexander Wirsig: Ein Ziel des Kooperationsprojekts „Schmeck den Süden“ – Genuss außer Haus ist es, Akteure von Wertschöpfungsketten zu unterstützen, die durch eine entsprechende Prozessqualität einen Beitrag für mehr Tierwohl, Biodiversität und Umweltschutz leisten wollen. Die Verbreiterung der Nutzung von Erzeugnissen der baden-württembergischen Agrar- und Ernährungswirtschaft, insbesondere der Qualitätsprogramme des Landes (QZBW/ BioZBW) und der EU (g.U., g.g.A., g.t.S. aus BW) steht hierbei im Mittelpunkt. Hierzu werden wir die Vorgaben zum Bezug der eingesetzten Zutaten für die regional gekennzeichneten Speisen schrittweise ausbauen. Ein weiterer Punkt stellt die Einbindung geprüfter Großhändler als Bündler im Projekt dar: Voraussetzung zur Teilnahme ist das Vorliegen eines regionalen Ordersatz ausschließlich mit Produkten aus den Qualitätsprogrammen des Landes (QZBW/ BioZBW) und der EU (g.U., g.g.A., g.t.S. aus BW).
Informationen zur MBW Marketinggesellschaft
Das Land Baden-Württemberg ist Alleingesellschafter der MBW Marketing- und Absatzförderungsgesellschaft für Agrar- und Forstprodukte aus Baden-Württemberg mbH (kurz: MBW Marketinggesellschaft). Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Herr Peter Hauk MdL, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg. Die Gesellschaft hat die Aufgabe, den Absatz der baden-württembergischen Agrarprodukte zu fördern und damit die Marktchancen der heimischen Landwirtschaft und der ihr nachgelagerten Bereiche, nachhaltig zu stärken. Die MBW Marketinggesellschaft dient dabei insbesondere als Informations- und Kooperationsnetzwerk und für übergreifende Kooperationen und Projekte wie etwa mit dem Tourismus und der Gastronomie.
Weitere Infos unter www.schmeck-den-sueden.de und www.gemeinschaftsmarketing-bw.de
Abkürzungen:
g.U. geschützte Ursprungsbezeichnung
g.g.A. geschützte geografische Angabe
g.t.S. garantiert traditionelle Spezialität
BioZBW Biozeichen Baden-Württemberg
QZBW Qualitätszeichen Baden-Württemberg